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Die Geister von Hettingen

Die Geister von Hettingen
(glatt erfunden)

Der wohlhabende Hansjörg-Bauer von Hettingen machte sich Sorgen: Seit Wochen rumpelte es bei Nacht im Haus herum, das Vieh stampfte, morgens waren die Gäule ganz verschwitzt, und ihre pechschwarzen Schwänze schienen wie zu Zöpfen geflochten. Das ging nicht mit rechten Dingen zu. Geister? Hexen?
Da musste man sich an den Baltes von Inneringen wenden, der im Ruf stand, mehr zu können als nur Besen zu binden, und der sich in Geisterdingen auskannte. Gesagt, getan. Sie wurden rasch handelseins.

Schon am nächsten Abend ging der Baltes mit einem Weihwasserkessel durch den Stall und alle Räume des Hauses, besprengte Fenster, Schwellen und Türen, vergrub einmal hier, einmal dort geheimnisvolle Kräuter, und dann sagte er: „Das reicht! Damit wirst du die Geister los“. Und ging wieder, mit einem beachtlichen Vorschuss auf den vereinbarten Lohn.

Leider hatte er nicht Recht. Das Gepolter kam wieder, fast noch schlimmer. Schweiß und Zöpfe wie gehabt. Zum Verzweifeln!

Worauf sich der Hansjörg entschloss, zum Pfarrer zu gehen. Er tat das nicht gern. Da spielte anderes mit, aber das tut jetzt nichts zur Sache.

Der Pfarrer erklärte sich bereit, seinerseits Stall und Haus mit Weihwasser und Gebeten zu begehen, und außerdem die Nacht bei Hansjörg zu verbringen. Vor allem für die Nachtwache war ihm der Bauer sehr dankbar.

Am anderen Abend versammelte sich alles in der großen Stube: Hansjörg mit Frau und größeren Kindern, der Pfarrer und ganz von ungefähr auch noch Geisterbanner Baltes von Inneringen.
Alte Geschichten und reichlich Most vertrieben die Zeit, aber die Stimmung war natürlich gespannt. Da, als die Wanduhr umständlich Zwölf Uhr schlug, wurde es plötzlich lebendig im Haus. War das ein Poltern und Viehgebrüll! Ja und dann - oh Gott, oh Gott! - kam das Poltern immer näher, man hörte deutlich Schritte auf der Treppe, und – Bauer, Weib, Kinder, Pfarrer und Banner erstarrten: Es klopfte dreimal hart und sehr laut an der Tür. Die Tür öffnete sich, das Weib des Bauern stieß einen Schrei aus, alle bekreuzigten sich: Drei Gestalten erschienen, eine große, eine mittlere und eine kleine, in altertümlicher Kleidung und – sagten gar nichts. Starrten nur stumm geradeaus.

Nach endlos erscheinender Stille fasste der Pfarrer ein Herz und sprach die Geister an. „Alle guten Geschöpfe verneigen sich vor Gott“ „Wir auch“, erwiderten die drei. Es waren also trotz allem gute Geister.
„Wie können wir Euch erlösen?“ fragte der Pfarrer. Sollen wir Messen für Euch lesen?“
Ja, nickten die drei. „Wieviele?“ Die drei sahen sich an, dann hob der Größte eine Hand, drei Finger ausgestreckt. „Drei?“ Nicken.
„Und dann möchten wir noch einen großen Laib frischgebackenen Brotes. Legt ihn um Mitternacht auf die Bank vor dem Haus“, sagte der Große. „Und dazu noch einen großen Ring Schinkenwurst, „ fügte der Mittlere hinzu. „Und einen Senf, möglichst mittelscharf“, ergänzte der Kleine.
Daraufhin verschwanden die drei lautlos, und die ganze restliche Nacht blieb es still.
Schon in der folgenden Nacht legte der Bauer das Gewünschte aus, und am nächsten Morgen war alles verschwunden.

Bald danach las der Pfarrer auf Hansjörgs Kosten die drei versprochenen Messen. Als die letzte ausklang, ertönte eine himmlische Weise, die ganze Kirche erfüllte sich mit dem wundervollen Duft des Weihrauchs. Über allem schwebte leicht, jedoch unverkennbar der Duft einer Schinkenwurst mit Senf.

Die Geister aber zeigten sich nie wieder.

(Gerhard Hipp, 8.2.2006)











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